Ausbau des Stadtbahnnetzes

Natürlich nur ein Traum: 2016 installierten Künstler mal ein provisorisches U-Bahn-Schild vor dem Marienstift. Heute ist dort eine Stadtbahnbaustelle.

9. März 2018 – Die Weichen sind gestellt, die konkrete Planung läuft an – Braunschweig soll bis zum Jahr 2030 ein deutlich verbessertes Stadtbahnnetz bekommen: Geplante Erweiterungen reichen im Norden bis nach Querum, im Osten bis Volkmarode-Nord, im Südosten bis Rautheim, im Süden über die Salzdahlumer Straße in den Heidberg, im Nordwesten bis zum Kanzlerfeld und in der westlichen Innenstadt bis zum Radeklint. Parallel dazu wird das Busnetz umorganisiert, so dass insgesamt 50 Mio. Fahrgäste pro Jahr befördert werden können. Alle Details kann man nachlesen auf stadt-bahn-plus.de, der Rat der Stadt hat beschlossen, den Planungsprozess anzustoßen, natürlich sind auch wir Grüne und unsere Ratsfraktion dafür. So weit, so gut, alles gesagt. Oder? Natürlich kann und sollte man über vieles dabei diskutieren:

Ist denn nicht sowieso schon alles verplant?

Bisher ist nur beschlossen, von wo nach wo neue Stadtbahnlinien geführt werden, und wo ungefähr der „Korridor“ liegt. In öffentlichen Veranstaltungen kann sich jede/r über die Planung informieren und außerdem die Trassenführung beurteilen. Zum Beispiel: Wie kommt die Stadtbahn von der Helmstedter Straße nach Rautheim – am Hauptgüterbahnhof über den Betriebshof der Verkehrs-GmbH, vom Dürkop-Gebäude über eine neue Brücke zur Braunschweiger Straße, oder entlang der vorhandenen Eisenbahnunterführung unter der Helmstedter Straße? Oder wie soll die westliche Umfahrung der Innenstadt vom Europaplatz zum Radeklint gehen – am Altstadtmarkt vorbei durch die Gördelinger Straße, oder auf der Güldenstraße? Über die verschiedenen Vor- und Nachteile der Varianten wird teilweise schon heftig gestritten. Wer seine Stimme dazu erheben will, sollte sich an den laufenden Workshops (Termine siehe stadt-bahn-plus.de) beteiligen und Einfluss nehmen.

Lohnt sich der große Aufwand denn überhaupt?

Ja, es gibt kaum eine andere Möglichkeit, Braunschweiger*innen mobil zu halten, wenn die Bevölkerung wächst (Prognose für 2030: 270000 Einwohner), wenn Entfernungen in der Stadt größer werden und der Straßenraum gleich groß bleibt, und vor allem wenn man will, dass die Innenstadt nicht ständig voller Autos steht und die Wohngebäude an den Einfallstraßen auch noch bewohnbar bleiben. Vom Ausbau des ÖPNV-Netzes profitieren zunächst vor allem die Menschen, die sich kein Auto leisten können oder wollen, außerdem aber auch kleine und große Fußgänger, Radfahrer und Anwohner, denen Autos den Platz und die frische Luft wegnehmen. Außerdem kommt Geld in die Stadt: Das Volumen des Ausbaus beträgt etwa 200 Mio €, von denen etwa drei Viertel aus überregionalen Förderprogrammen stammen werden und die Braunschweiger Infrastruktur stärken. Voraussetzung ist aber eine strenge Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nach einem einheitlichen Verfahren (standardisierte Bewertung), das u.a. Fahrgastaufkommen, Betriebskosten und Abschreibungen auf Investitionen berücksichtigt.

Warum lieber Trams statt (Elektro-)Busse?

Manchmal kommt der Einwand, dass der Trend zur Elektromobilität geht, und Buslinien statt Stadtbahnen flexibler und einfacher zu realisieren sind, und dass man sich große Umbauten von Straßenquerschnitte doch lieber sparen sollte. Dagegen spricht aber viel: Busse stehen immer im gleichen Stau wie die PKW, es sei denn, man richtet auch in Braunschweig reservierte Busspuren ein. Die Beförderungsleistung auch eines Gelenkbusses kommt nicht an die eines Tramino-Zuges heran. Auf bestimmten Strecken wie z.B. dem Wilhelminischen Ring kann man den Bustakt auch nicht mehr verdichten, weil die meisten Haltestellen nicht für zwei Gelenkbusse eingerichtet sind, und wenn zwei in der gleichen Ampelphase an derselben Haltestellen ankommen, wird es sehr eng. Der Elektrobus Emil passt zwar gut auf die jetzige Ring-Linie, aber nur, weil dort drei Ladestationen verteilt sind. Auf einer langen Strecke wie z.B. vom Radeklint nach Lehndorf müsste man beim jetzigen Stand der Technik die Ladestationen ebenso dicht platzieren, der Bus wäre dann viel langsamer.

Chancen auch für die Umgestaltung von Straßenräumen

Neue Stadtbahnlinen werden vorwiegend auf vorhandener Verkehrsfläche gebaut. Man kann sie so führen, dass auch noch genug Platz für PKW und Radverkehr ist – ein gutes Beispiel dafür ist die Leonhardstraße zwischen Altewiekring und Okerbrücke. Wenn eine neue Brücke erforderlich ist (voraussichtlich z.B. zwischen der Helmstedter Straße und Rautheim), kann der Rad- und Fußverkehr auf einer eigenen Spur mitgeführt werden und neue Abkürzungen schaffen. Wenn die westliche Erfahrung der Innenstadt über die Güldenstraße verläuft, könnte man aus vier PKW-Spuren zwei machen, Straßenraum für Fußgänger und Radfahrer zurückgewinnen – eine sehenswerte Animation von MoVeBS zeigt, wieviel die Güldenstraße mit Stadtbahn gewinnen würde, wenn man den Autoverkehr dort reduziert.

Fazit

Der Stadtbahnausbau wird sich in jeder Hinsicht lohnen, auch die laufende Bürgerbeteiligung ist ein gutes Beispiel für anwohnerfreundliche Verkehrsplanung.

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