Europa in der Krise – Wie weiter mit Europa?

Diskussion mit Sven-Christian Kindler, MdB

Warum kommen so viele Flüchtlinge? Sind Euro- und Griechenlandkrise vorüber? Wohin bewegt sich Europa und was ist zu tun? Zu diesen Themen besuchte uns am 08. Oktober, Sven Christian Kindler, Haushaltspolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag. Er sprach im Haus der Kulturen von den großen Herausforderungen vor denen Europa gegenwärtig steht: die Flüchtlingspolitik und die noch immer nicht gelöste Finanzkrise.
Die Gründe für die große Zahl an Flüchtlingen sah Kindler vor allem in einer verfehlten Außenhandelspolitik Europas, insbesondere der Bundesrepublik. Diese zerstöre regionale Märkte und wirtschaftliche Existenzen von Kleinbauern in Entwicklungsländern, insbesondere in Staaten auf dem Afrikanischen Kontinent. Die  Waffenexporte der Bundesrepublik heizen die Konflikte und Bürgerkriege weltweit mit an. Hinzu kommen existenzgefährdenden Klimakatastrophen, Überschwemmungen und Dürren, die zusätzlich Menschen dazu bringen ihre Heimat zu verlassen.
Das sind die häufigsten Auslöser für Flucht, die es zu bekämpfen gilt. Kein Land ist in der Lage die Probleme allein zu lösen. Deshalb muss sich Europa diesen Anstrengungen gemeinsam stellen und eine gemeinsame europäische Handlungsstrategie erarbeiten – humanitär wie ökonomisch. Der gegenwärtige europäische Trend zur „Orbanisierung“, der Durchsetzung nationaler Interessen und der nationalen Abschottung in Europa, ist dabei wenig hilfreich. Mehr Solidarität und eine angemessene Verteilung der Flüchtlinge auf die Mitgliedstaaten sind ein weit sinnvollere Weg. Durch Verweigerung lass sich die Probleme nicht lösen.
Die Finanzkrise ist noch nicht vorüber, auch wenn in letzter Zeit weniger darüber berichtet wird. Sven Kindler macht darauf aufmerksam, dass es sich weder um eine Griechenlandkrise noch um eine des Euros handelt. Die Gründe liegen vielmehr in den ungleich verteilten Vermögen, den unregulierten Finanzmärkten und den wirtschaftlichen Ungleichgewichten zwischen den europäischen Staaten. Hier und nicht an einem „Grexit“ müssen wir ansetzen. Das autoritäre Verhalten Deutschlands gegenüber Griechenland untergräbt die Europäische Konsenzfindung. Die Europäische Union wird zu einem „Deutschen Europa“ gedrängt. Das zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit der Gemeinschaft.
Der Weg der Austerität, des grundsätzlichen Sparens aller Ausgaben, hat sich als Sackgasse herausgestellt. Die als positiv dargestellte Entwicklung Spaniens erfolgt erst nach einer Lockerung der regieden Sparpolitik. Stattdessen forderte Kindler Investitionen in Zukunftstechnologien und ökologisch sinnvolle Projekte – einen Green New Deal. Eine Reform der europäischen Strukturen ist notwendig. Statt den nationalen Regierungen im Europäischen Rat muss Europa demokratischer werden und das Europäische Parlament im Zentrum der Entscheidung stehen. Das langfristige Ziel stellt eine Europäische Republik dar. Erste Schritte auf diesem Weg sind eine europäische Arbeitslosenversicherung sowie ein  Zukunftsinvestionsfonds. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln, die aus der Vermeidung von Steuerdumping generiert.
Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich eine leidenschaftliche Diskussionen, die in informeller Runde bei Wein und Brezeln unter den Teilnehmenden fortgeführt wurde. Ein spannender Abend. Ein hochaktuelles Thema einfach mal nach Braunschweig geholt. Fortsetzung folgt.

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