Klar für die Mobilitätswende

Die Kommunalwahl steht vor der Tür, und die Verbände, die für bessere und nachhaltigere Mobiltät in Braunschweig eintreten, haben den Parteien einen Fragenkatalog vorgelegt. Das sind die Antworten der Grünen:

Ratsbeschluss zum Radentscheid
Am 14. Juli 2020 hat der Rat der Stadt BS mit Mehrheit einen Ziele- und Maßnahmenkatalog „Radverkehr in Braunschweig“ – „Braunschweigs Weg für einen besseren Radverkehr“ beschlossen. Er soll den zukünftigen Orientierungs- und Entscheidungsrahmen für den Rat und zentrale Arbeitsgrundlage der Verwaltung sein. Die Rahmenplanung des Projekts soll als Teil des Mobilitätsentwicklungsplanes bis zum 30.Juni 2023 abgeschlossen werden, die Projekte und Maßnahmen bis 2030 umgesetzt sein.

1 Was wird Ihre Partei dazu beitragen und welche Maßnahmen hinsichtlich Personal, Finanzen und Verwaltungsstruktur sieht Ihre Partei als geeignet an, um die Verwaltung zur planmäßigen Umsetzung des Ratsbeschlusses vom Juli 2020 zu befähigen?
GRÜNE: In den Haushaltsverhandlungen werden wir uns, wie bereits im vergangenen Jahr, für die Bereitstellung von Haushaltsmitteln zum Erreichen der Ziele des Ratsbeschlusses einsetzen. Konkret für die Aufstockung der Haushaltsmittel für Personal der Fachverwaltung, für Fort- und Weiterbildung der Mitarbeitenden im Bereich Radverkehr sowie für die Hinzuziehung von externen Planungsbüros zu Unterstützung der Verwaltung. Wir werden uns dafür einsetzen, ein Kompetenzzentrum für übergeordnete Stadtplanung einzurichten, in dem das Thema nachhaltige Mobilität eine zentrale Rolle spielt. Dieses Kompetenzzentrum soll nach dem Vorbild der Stadt Wien strukturell dem/der OB unterstellt werden.

Veloroutennetz
Velorouten sind hochwertig ausgebaute innerstädtische Radrouten, die auch für Kinder ab 8 Jahren geeignet sind und auf denen man sicher, schnell und komfortabel auch längere Strecken zurückgelegen kann. Sie sind in der Regel vom Fußverkehr baulich getrennt. Gemäß Ratsbeschluss soll Braunschweig durch ein Netz von Velorouten erschlossen werden, die alle Ortsteile an die Innenstadt anbinden und miteinander vernetzen. Die Fahrrad- und Mobilitätsverbände haben hierzu bereits einen Plan entwickelt und damit eine Diskussionsgrundlage geschaffen. Die Planung eines Pilotprojekts, der ersten Veloroute, ist durch den Ratsbeschluss bereits für dieses Jahr vorgesehen.

2 Wie stehen Sie / Ihre Partei zu dem Entwurf eines Veloroutennetzes, unterstützen sie ihn?
GRÜNE: Gemeinsam mit SPD, Linken und P² haben wir uns 2020 dafür eingesetzt, dass der Ratsbeschluss zustande kam. Dafür haben wir uns intensiv mit dem Thema Veloroutennetz auseinandergesetzt und das Thema aktiv in den politischen Diskursen unterstützt. Treffen mit den Mobilitätsverbänden haben uns davon überzeugt, dass die ehrenamtlich ausgearbeiteten Konzepte fachlich durchdacht und wegweisend für die Stadt Braunschweig hin zur
Mobilitätswende sein werden. Wir werden uns weiterhin für die Realisierung eines durchgängigen Veloroutennetzes nach Braunschweig-Standard und für einen stringenten Umsetzungszeitplan einsetzen.

3 Wenn ja, in welcher Form werden Sie eine möglichst schnelle Umsetzung dieses Planes unterstützen?
GRÜNE: Wir haben beantragt, dass im Planungs- und Umweltausschuss regelmäßig über den Sachstand zur Umsetzung des Ratsbeschlusses berichtet wird (DS 21-15432). Den Prozess der Umsetzung werden wir kritisch begleiten und einfordern. Entsprechende Anträge zum Haushalt stehen unserseits auf der Agenda, siehe oben. Temporäre, POP UP-Infrastruktur, z.B. Verkehrsberuhigung (Filter) oder Detailausbildungen (Borde) zum Ausprobieren für Bürger*innen können zur Akzeptanz der Platzumverteilungen beitragen. Auch dafür wollen wir Mehrheiten organisieren.

Sichere und komfortable Radinfrastruktur
Deutschlandweit nehmen die Forderungen nach einer Radinfrastruktur zu, die für alle von 8 bis 80+ attraktiv und sicher ist. Insbesondere bei Kreuzungen werden heute immer noch Lösungen gebaut, die vor allem für Kinder und ältere Verkehrsteilnehmer gefährlich sind. Gefordert werden ein sicheres Kreuzungsdesign und eine andere Gestaltung von Radwegen, die weder Teil des Gehwegs noch Teil der Autofahrbahn sein sollten; „Protected Bike Lanes“ sind ein Beispiel dafür. Einige Städte in Deutschland haben bereits den Straßenraum gerechter verteilt, indem sie bei mehrspurigen Straßen eine Fahrspur bzw. Parkflächen in „geschützte Radfahrstreifen“ umgewandelt haben.

4 Wo können Sie sich eine schnelle Umsetzung von „Geschützten Radfahrstreifen“ (Radverkehrsanlagen auf Fahrbahnniveau) unter Umwidmung von Flächen vorstellen?
GRÜNE: Wir sind offen für eine agile Infrastruktur. Das heißt, dass wir temporäre, kurzfristige Fahrradinfrastrukturelemente unterstützen werden. Wir werden anregen, neue Lösungen wissenschaftlich begleiten zu lassen. Denkbar ist für uns, nach einer solchen wissenschaftlichen Evaluation diese dann dauerhaft umzusetzen. Beispielsweise: geschützte Radfahrstreifen, geschützte Kreuzungen, Detailausbildungen von Abgrenzungen zwischen z.B. Fuß- und Radwegen, Querungen von Zebrastreifen über Radspuren. Konkret können wir uns z.B. den Bohlweg zwischen Hagenmarkt und Waisenhausdamm und den Steinweg mit “Geschützten Radfahrstreifen“ vorstellen.

5 Welche weiteren Maßnahmen schlagen Sie vor, um Radfahrende und zu Fuß Gehende, besonders Kinder, Schüler*innen und Senior*innen im Verkehr und insbesondere an Kreuzungen wirksam zu schützen?
GRÜNE: In anderen deutschen oder europäischen Städten finden sich viele gute und innovative Beispiele dafür, wie z.B. Übergänge sicherer gestaltet werden können. Nicht signalisierte Überwege könnten, wie in Madrid oder den Niederlanden besonders gekennzeichnet werden Dies dient allen zu Fuß gehenden egal welchen Alters, hebt sich kontrastreich von der Umgebung ab, macht Spaß, schafft bessere Orientierung und erhöht die Verkehrssicherheit. Vorgezogene Gehwege an Kreuzungen sind in Wohnvierteln sinnvoll, um das Zuparken von Gehwegen zu verhindern und die Sichtbeziehungen der Verkehrsteilnehmenden zu verbessern. Geschützte, signalisierte Kreuzungen nach niederländischem Vorbild mit Schutzinseln im Kurvenbereich, engen Kurvenradien für abbiegende PKW und nur wenig verschwenkter Radverkehrsführung sollten aus unserer Sicht mindestens als Pilotprojekt gebaut werden und für Braunschweig der Standard werden. Ergänzend werden wir anregen, ein Kreuzungsmonitoring als Mittel für solche sicheren Kreuzungen zu etablieren, im Sinne von „Vision Zero“ – keine Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr – für alle Verkehrsteilnehmende.

6 Wie stehen Sie zu dem Vorschlag, einen Schulradwegeplan für die Schulen des Sekundarbereichs zu erstellen?
GRÜNE: Schulwegpläne und Schulradwegpläne, die mit den Schüler*innen gemeinsam entwickelt werden, halten wir für ein wichtiges Mittel für mehr Verkehrssicherheit auf Kinderwegen. Ergänzend sollten Projekte etabliert werden, die die selbständige Mobilität der Kinder und Jugendlichen fördern und gleichzeitig den Hol-/Bringverkehr reduzieren (z.B. „walking bus“ – oder „biking bus“ ). Darüber hinaus sollten auch Kinderfußwegpläne für die Freizeit entwickelt und in den Kinderstadtplänen publiziert werden.

7 Sichere Schulwege und damit Verlagerung von Schülerverkehr auf das Fahrrad könnten u.a. durch folgende Maßnahmen erreicht werden: Temporäre Bannmeilen für KFZ (Elterntaxis) im Schulumfeld, stattdessen KFZ-Bring- und Abholzonen mindestens 250 m von der Schule entfernt. Nahe der Schule Bring- und Abholzonen für Fahrrad-Elterntaxis,
mehr und sichere Fahrradparkmöglichkeiten durch Umwandlung von KFZ-Parkplätzen zu Fahrradabstellplätzen. Wie bewerten Sie diese Maßnahmen?

GRÜNE: Wir werden uns dafür einsetzen, dass Schulstraßen, nach dem Vorbild der Stadt Wien, bei der ein temporäres Fahrverbot vor Schulen zu den Schulanfangs- und -endzeiten eingerichtet wird, als Pilotprojekt umgesetzt und evaluiert wird (https://www.wienzufuss.at/schulstrasse/). Auch „Elternhaltestellen“ halten wir für ein geeignetes Mittel, Kindern und Jugendlichen einige 100 Meter eigenständige Mobilität und Bewegung zu ermöglichen und die Unfallgefahr vor den Schulen drastisch zu senken.

Mehr und sichere Abstellanlagen in der Stadt
Die Stadt hat in den letzten Jahren viele Abstellbügel im Stadtgebiet installiert. In Kürze werden die ersten überdachten Rad-Abstellanlagen südlich des Hauptbahnhofes und am Bahnhof Gliesmarode fertiggestellt. Im Bereich der Innenstadt und an weiteren Knotenpunkten des ÖPNV herrscht jedoch weiterhin ein Mangel an Abstellanlagen. Auch in vielen Wohngebieten sind wettergeschützte Abstellplätze und Ladepunkte für Pedelecs knapp. In Hamburg gibt es beispielsweise Fahrradhäuschen, die auf Antrag von Bürgern durch die Stadt im öffentlichen Raum aufgestellt werden und durch Anwohnende gemietet werden können.

8 Wie kann Ihrer Meinung nach der Bedarf an verschiedenartigen Abstellanlagen überall im Stadtgebiet besser gedeckt werden? Etat für Radverkehr Im internationalen Vergleich geben viele Städte sehr viel mehr Geld pro Einwohner für den Radverkehr aus als die meisten deutschen Städte (Düsseldorf 2,20€, Berlin 4,70€, Kopenhagen 36,–€, Oslo 70,–€, Utrecht 132,–€; der ADFC fordert 30,–€).
GRÜNE: Auf unsere Initiative hin stehen jährlich 30.000 € für die Errichtung von neuen Abstellanlagen an öffentlichen Gebäuden in Braunschweig, insbesondere an Schulen zur Verfügung. Allerdings konnten diese Gelder bislang wegen fehlender Personalkapazitäten in der Verwaltung nicht ausgegeben werden. Auch hier ist in einem ersten Schritt die Verwaltung also so auszustatten, dass wichtige und notwendige Projekte und Maßnahmen auch umgesetzt werden können. Dazu haben wir unter 1. einige Vorschläge gemacht. Parallel dazu sollten aus unserer Sicht die Mittel für Investitionen in den Radverkehr schrittweise erhöht werden.
Bei der Höhe der Mittel, die jährlich für den Radverkehr zur Verfügung stehen sollten, sind auch die besonderen Verhältnisse vor Ort zu berücksichtigen. Wichtiger als eine pauschale Summe, wäre es, die Bedarfe für einzelne Handlungsfelder (z.B. Personal, Infrastruktur (Neubau und Unterhaltung), Winterdienst, Öffentlichkeitsarbeit etc.) zu ermitteln und all diese Bereiche bedarfsgerecht auszustatten. Dabei sind insbesondere auch Fördermittel von Bund und Land aktiv einzuwerben. Einen Überblick über die verschiedenen Handlungsfelder gibt z.B. der „Nationale Radverkehrsplan 3.0“, der durchaus die Grundlage dafür bilden kann, welche Summe in Braunschweig benötigt wird und angemessen ist.

9 Wäre Ihrer Ansicht nach ein eigener Etat für den Radverkehr sinnvoll, bspw. um die Festlegungen des Ratsbeschlusses umzusetzen oder Projekte für spontan erkannten Bedarf zu ermöglichen?
GRÜNE: Auch hier sollte eher darauf geachtet werden, dass für die einzelnen Aufgabenfelder bedarfsgerecht Etats zur Verfügung stehen, aus denen sich dann erst in einem zweiten Schritt ein Gesamtetat für den Radverkehr ergeben sollte. Wie das aussehen könnte, haben wir in unserer Antwort zu Frage 8 dargelegt.

10 Welche Ausgaben für den Radverkehr wären nach Meinung Ihrer Partei angemessen?
GRÜNE: Aktuell ist die Frage nach der Höhe der Haushaltsmittel daran geknüpft, dass die personellen Ressourcen bereitgestellt werden müssen, um die Maßnahmen des Ratsbeschlusses umsetzen zu können. Erst daran schließt sich die Debatte um die angemessene Höhe der Haushaltsmittel für die Ziele und Maßnahmen in den Umsetzungsfeldern an. Die Angemessenheit der Mittel hängt darüber hinaus natürlich vom aktuellen Stand der Umsetzung des Ziele- und Maßnahmenkatalogs „Radverkehr in Braunschweig“ ab und kann von Jahr zu Jahr stark variieren, bzw. sich anders auf die verschiedenen Handlungsfelder verteilen. Wichtiger als eine pauschale Summe zu nennen ist es aus unserer Sicht, sich am konkreten Bedarf, den anstehenden Aufgaben und den jeweiligen Erfordernissen zu orientieren.

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.