Mehr Frauen in die Parlamente!
Heute vor 100 Jahren wurde das Frauenwahlrecht eingeführt. Nach langem und hartem Kampf der Frauenbewegungen wurde der ‚anderen‘ Bevölkerungshälfte die zu Unrecht vorenthaltene Möglichkeit zur politischen Partizipation endlich zugestanden. Das Frauenwahlrecht ist ein Erfolg, ein Meilenstein in der Geschichte der Frauenrechte. Es legte den Grundstein für alle weiteren Möglichkeiten zu mehr Teilhabe.
Doch das Frauenwahlrecht ist eben „nur“ ein Meilenstein inmitten vieler Rechte, die erst erkämpft werden mussten und müssen: Noch 1949 wurden Frauen als Männerbesitz angesehen. Erst seit den 1970er Jahren können Frauen ohne Erlaubnis eines Mannes erwerbstätig sein und erst 1997 wurde die Vergewaltigung in der Ehe als strafbar festgeschrieben. Und auch heute sind Frauen den Männern noch immer nicht gleichberechtigt.
Frauen werden weiterhin noch bevormundet. Selbst, wenn es um ihren eigenen Körper geht! Das zeigt sich allein schon daran, dass die Paragraphen 218-219 noch immer wie gehabt im Strafgesetzbuch stehen. Gewalt gegen Frauen ist immer noch weit verbreitet, die Gender Pay Gap ist noch nicht überwunden, was sich auch an Geschlechterunterschieden bei der Altersarmut deutlich zeigt, Diskriminierung bei der Arbeitssuche und am Arbeitsplatz ist noch längst nicht vom Tisch, Rollenverteilungen werden immer noch gelebt, vertreten und weitervermittelt, nicht nur im eindeutigen Sinne, sondern ebenso in Bemerkungen, „Witzen“, Kinderbüchern, Kinderspielzeug, Kleidung, Kinder- und Familienfilmen, in der Werbung, etc. …
Grüne fordern Wahlrechtsreform
Schaut man sich die Frauenanteile in deutschen Parlamenten an, sieht man: Frauen besitzen zwar in Deutschland nun schon seit 100 Jahren das Wahlrecht, sind in der Politik aber noch immer nicht gleichberechtigt vertreten, können das politische Geschehen also auch heute nicht gleichberechtigt lenken.
Im Stadtrat von Braunschweig liegt der Frauenanteil der Mandatsträger*innen nur bei 30,8%. Das ist nicht einmal ein Drittel der Gesamtzahl! Den höchsten Frauenanteil in einem deutschen Stadtrat hat die Stadt Frankfurt. Aber selbst hier sind Frauen mit einem 40%-Anteil nicht gleichermaßen vertreten.
Nur 30,9% der Abgeordneten im Bundestag sind Frauen – das entspricht nur 219 von 709 besetzten Sitzen. Dies ist ein riesiger Unterschied der Machtverhältnisse der Geschlechter! Hinzu kommt, dass der Frauenanteil bei der letzten Wahl noch gesunken ist. Es ist nicht zu erwarten, dass sich dieses Problem von allein lösen wird. Eine erste Lösung wäre eine Quotenregelung – ein Paritätsgesetz, wie wir Grüne es fordern. Durch ein solches Gesetz hätten Frauen die gleiche Grundlage, in ein Parlament gewählt zu werden, auch wenn gesellschaftliche Vorstellungen und familiäre wie berufliche Wirklichkeiten noch anders aussehen. Durch eine solche Regelung wären Frauen endlich gleichermaßen vertreten. Führungspositionen gingen an die Menschen mit den besten Fähigkeiten – Talente könnten genutzt werden und gingen dem Parlament nicht verloren.
In Entwicklungsländern – denen gegenüber wir uns ja als so fortgeschritten betrachten – sieht der Frauenanteil teilweise ganz anders aus. Ruanda: Ein Frauenanteil von 61,3%! In Kuba sind es 53,2% und in Bolivien 53,1%. Diese Zahlen sollte wohl eindeutig zeigen, dass es möglich ist, einen mindestens gleichberechtigten Anteil von Frauen in Parlamenten zu haben.
Das Frauenwahlrecht ist ein Erfolg. Es ist jedoch bedenklich, dass Frauen dieses Grundrecht erst vor 100 Jahren zugesprochen wurde. Es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass Frauenrechte in Deutschland immer noch nicht selbstverständlich sind und – gerade mit Blick auf die Erfolge extrem rechter Parteien – uns anscheinend auch wieder entrissen werden könnten, wenn wir nicht wachsam bleiben und aktiv sind. Heute ist ein Tag zum Erinnern, an die Geschichte und daran, dass wir weitermachen müssen. Es ist schon viel erreicht. Aber es ist auch noch viel zu tun! Der heutige Tag zeigt: wir können es schaffen! Gleichberechtigung ist noch nicht Realität, aber sie kann es werden!
Hintergründe:
Frauenanteil in ausgewählten nationalen Parlamenten auf Statista