Wir gedenken Erika Hickel aus unserem Kreisverband, eine der ersten grünen Frauen im Deutschen Bundestag.
Erika Hickel wurde 1934 in Königsberg geboren. Sie wurde Apothekerin, promovierte über Arzneimittelgeschichte und wurde 1978 Professorin für Geschichte der Pharmazie und der Naturwissenschaften an der Technischen Universität Braunschweig. Sie war damit eine Frau, die die Mühen und Konflikte gelebter Emanzipation aus eigener Erfahrung kannte und sich deshalb auch mit feministischem Akzent engagierte. Sie verstand ihr Fachgebiet, die Geschichte der Pharmazie, auch als Sozialgeschichte der Frauen, die lange vor der Zeit der Aufklärung systematisch „Kräuterheilkunde“ betrieben. 1990 wurde sie zur Vizepräsidentin der TU Braunschweig gewählt.
In der ersten Wahl, in der wir Grüne eine Chance dazu hatten, zog Erika 1983 über die niedersächsische Landesliste in den Bundestag ein. Themen dieser Zeit waren zum Beispiel das Waldsterben durch sauren Regen und ein drohender Atomkrieg zwischen USA und Sowjetunion. Der Eiserne Vorgang hinter Helmstedt erschien undurchlässig, und nur ein paar „Spinner“ glaubten, dass man Atomkraft in großem Maßstab durch sanfte Energie wie z.B. Windkraftanlagen ersetzen könne. Erika vertrat im „Raumschiff Bonn“ (grünsprech von damals) als Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Forschung und Technologie vor allem die Forderung nach gründlicher Technikfolgenabschätzung nicht nur bezüglich der Atompolitik, sondern ebenso auf anderen Feldern wie etwa der damals gerade forcierten Gentechnik. Auch gehörte sie 1984 nach einer Phase von internen „Hahnenkämpfen“ dem ersten rein weiblich besetzten Fraktionsvorstand an. Entsprechend dem damals praktizierten Rotationsprinzip schied sie 1985 wieder aus der Fraktion aus.
Ihr Werdegang befähigte sie, auf allen Ebenen mit Kompetenz und Treffsicherheit die grüne Sache fachgerecht und energisch auf Augenhöhe zu vertreten, aber auch, Ideen zu grünen Themen in ihrer praktischen wirtschaftlichen Umsetzung zu unterstützen. Die Zeit für sich nutzte sie gern zu Fahrten durch Wüstengebiete der Sahara mit ihrem Lebensgefährten. In den letzten Jahren lebte sie in Würzburg.. Auch in ihrem höheren Lebensalter hatte Erika nichts von ihrer Leidenschaftlichkeit, Energie und dem messerscharfen Verstand verloren. Es war eine Freude, mit ihr Zeit zu verbringen.
Die Zeit ihres besonders intensiven Wirkens für die Grünen fiel zusammen mit unserer ersten Wahlperiode im Rat der Stadt Braunschweig. Dort hatten wir besonders Gelegenheit, ihre Brillanz im Umgang mit unseren politischen Gegnern zu bewundern. Erika hat viel dazu beigetragen, grüner Politik und Frauenpolitik Respekt zu verschaffen, sie wirkte deshalb als prägende grüne Persönlichkeit und Wegbereiterin der ersten Jahre. Wir sind dankbar, dass sie sich für die Grünen engagiert hat.
Ein Beitrag von Richard Goedeke, Jutta Plinke und Burkhard Plinke