Strom- und Wärmeproduktion auf erneuerbare Energie umstellen
Elektrischer Strom, Gas, Fernwärme und Wasser werden für die kommunale Energieversorgung über Leitungsnetze verteilt. Die Konzessionen für diese Netze vergibt die Stadt Braunschweig. Noch bis 2020 verfügt BS|Energy über diese Konzessionen. Für die Zeit danach muss die Stadt Braunschweig im Rahmen einer europaweiten Vergabe die Leitungsnetze ausschreiben.
BS|Energy gehört mehrheitlich Veolia. Die Stadt Braunschweig hält an BS|Energy eine Sperrminorität von 25,1 % und hat damit wenig Einfluss auf die Geschäftspolitik des Unternehmens.
Wir Grüne wollen die Vergabe nutzen, um einen Betreiber für die Leitungsnetze zu finden, der auch in die kommunale Energieversorgung einsteigt und die Energiewende in Braunschweig umsetzt. Das bedeutet, dass der neue kommunale Netzbetreiber strategisch weitere Aufgaben übernimmt, um eine kommunale Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energiequellen aufzubauen. Damit erweiterte sich der kommunale Einfluss deutlich.
Verwaltung will kommunale Energieversorgung bei BS|Energie belassen
Die Verwaltung schlägt dem Rat der Stadt Braunschweig vor, einvernehmlich mit der Firma Veolia, die Konzessionen weiterhin bei BS|Energy zu belassen. Allerdings sollen die Mehrheitsverhältnisse geändert werden. Veolia ist bereit 24,8% der Anteile an BS|Energy an ein anderes, kommunal beherrschtes Unternehmen zu verkaufen. Die Mehrheit an BS|Energy bliebe mit 50,1 % bei Veolia. Die Verkaufserlöse streicht Veolia ein. Am beherrschenden Einfluss des Weltkonzerns änderte sich somit wenig. Der Einfluss der Stadt Braunschweig bliebe ebenfalls unverändert. Der neue Partner soll zusätzliches Know-how für den Betrieb des kommunalen Energieversorgers einbringen.
Mit Veolia wird nach Vorschlag der Verwaltung ein Vertrag geschlossen, der den Kohleausstieg im Heizkraftwerk Mitte und den Ausbau der Fernwärme festschreibt sowie Investitionen in Digitalisierung, Ausbau der Breitbandnetze und Ladeinfrastruktur für Elektroautos vorsieht.
Zentrales Heizkraftwerk und Fernwärme sind Auslaufmodelle
Die Braunschweiger Heizkraftwerke sind allesamt sanierungsbedürftig. Das Heizkraftwerk Mitte wird mit Steinkohle befeuert, Heizkessel und Abgasanlagen sind abgängig. Der Kohleausstieg wird erfolgen müssen – mit und ohne Netzkonzessionen für BS|Energy – er ist aus technischer und wirtschaftlicher Sicht unumgänglich. Eine Gasturbine ist bereits seit Jahren im Heizkraftwerk Mitte installiert, geht aber aufgrund der wirtschaftlicheren Kohle derzeit nur selten ans Netz.
Außerdem werden zwei dezentral mit Öl befeuerte Heizkraftwerke, im Heidberg und in der Weststadt, für Kälteperioden zur Wärmeproduktion, vorgehalten. Diese Werke sind schnellstmöglich stillzulegen, vorausgesetzt tragfähige und ökologisch sinnvolle Alternativen sind aufgebaut. Ein Ausbau der Fernwärmenetze ist aufgrund höherer Energie- und Wärmeverluste nicht zukunftsweisend.
Die aktuellen Entwicklungen zeigen, die kommunale Energieversorgung für die Zukunft ist differenzierter und vielfältiger. Die Energieversorgung muß neu gedacht und umgesetzt werden.
Die Zukunft der Energieversorgung ist dezentral aufgebaut
Zukünftig brauchen wir eine Versorgung mit Strom und Wärme (Heizungen, Warmwasser) für Industrie, Gewerbe und Bevölkerung in Braunschweig auf Basis erneuerbarer Energiequellen. Sonne, Wind, Wasserkraft, Erdwärme und Biomasse sollen unseren Energiebedarf nachhaltig decken. Voraussetzung dafür ist, dass wir auf der kommunalen Ebene alle Ressourcen zur erneuerbaren Strom- und Wärmegewinnung ausschöpfen. Davon sind wir leider noch weit entfernt.
Dafür brauchen wir dezentrale kleinere Anlagen, vorwiegend als Kraft-Wärme-Kopplung ausgelegt, die z. B. mit Biogas, Wasserstoff unter Verwendung von Brennstoffzellen oder Gasmotoren betrieben werden. Das bestehende Fernwärmenetz wird dafür in kleine Nahwärmenetze mit einer höheren Effizienz und geringeren Wärme- und Energieverlusten umgebaut. Darüber hinaus reduziert eine sinnvolle Isolierung von Gebäuden den Wärmeverlust und reduziert den Energiebedarf.
Dieser Umgestaltung und Erweiterung der Infrastruktur wird eine der wichtigsten Herausforderungen der nächsten Jahre sein. Leider wird bei den großen neuen Wohnbaugebieten in der Stadt (Nordstadt, Stöckheim Süd, Noltemeier, u. v. m.) die Energiewende noch nicht mitgedacht. Hier fehlt ein engagierter kommunaler Energieversorger, der die Zukunft der Stadt im Blick hat und die Verwaltung in energiepolitischen Fragen strategisch berät.
Die überregionalen Netzkapazitäten müssen an die neuen Herausforderungen der Energiewende angepasst werden. Ein intelligentes, computergesteuertes Leitungsmanagement steuert dann die Energieversorgung.
Grüne wollen kommunale Energieversorgung fit für die Zukunft machen
Nach unserer Vorstellung gründet die Stadt Braunschweig mit einem kommunal geführten Energieversorger, der Erfahrung im Aufbau dezentraler Energieversorgung mitbringt, eine neue Gesellschaft. Die Stadt Braunschweig sollte an diesem Unternehmen mehr als 50% der Anteile halten und damit der Empfehlung des Beratungsunternehmens Rödl und Partner nachkommen.
An diesem neuen Unternehmen könnten sich auch Bürgerinnen und Bürger als Gesellschafter beteiligen. Damit würde ein weiterer Beitrag zur regionalen Wertschöpfung, direkter Einflußnahme auf die Entwicklung und Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit der Energiewende ermöglicht.
Dieses Unternehmen soll sich ebenfalls um die Netzkonzessionen bewerben. Das neue Unternehmen wird an BS|Energy eine Ablösesumme zahlen müssen. Allerdings erhält es für die nächsten 20 Jahre Gebühren für die Durchleitung von Energie durch diese Netze. An diesen Gewinnen partizipierten wir Braunschweiger dann mit über 50% und nicht wie derzeit – und auch nach dem Verwaltungsvorschlag – mit 25,1%.
BS|Energy bliebe unverändert ein Energieversorger, der mit seinen Heizkraftwerken Strom und Wärme produziert. Leider sind die Leitungsnetze für Wasser und Fernwärme beim Verkauf der Versorgungs-AG an Veolia einer Konzessionsneuvergabe entzogen worden. Eine Konkurrenz im Bereich der Wasser- und der Fernwärmeversorgung ist damit kurzfristig praktisch ausgeschlossen. Deshalb kann die Stadt diese Bereiche bei unserem Vorschlag aktuell nicht in eine neue Gesellschaft überführen. Ziel ist es jedoch auch, diese Netze im Laufe der Zeit in die neue Gesellschaft zu integrieren.
Grüne sehen Win-Win in der kommunalen Energieversorgung
Wenn wir die international vereinbarten Klimaschutzziele von Paris erreichen wollen, muss die Strom- und Wärmeproduktion auf regenerative Energiequellen umgestellt werden. Fossile Energieträger wie Kohle, Erdgas und Öl sind dafür nicht mehr geeignet. Sie setzen zu viel Treibhausgase frei.
Ein neuer Netzbetreiber übernimmt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die heute bei BS|Energy für die Leitungsnetze verantwortlich sind. Die Konzessionsneuvergabe wird somit die vorhandenen Arbeitsplätze nicht gefährden. Außerdem wird ein kommunal geführter Netzbetreiber die tarifliche Vergütung, die Gestaltung der Arbeitsbedingungen und die Mitbestimmung gewährleisten.
Weitere Geschäftsfelder sind für ein neues kommunales Unternehmen denkbar. Der Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Fahrzeuge der Zukunft, versorgt mit regenerativem Strom, ist ein mögliches Geschäftsfeld. Der Ausbau eines Breitbandnetzes ist ein Aufgabenfeld, das ein kommunal geführtes Unternehmen wirtschaftlich leistet.
Aus diesen Überlegungen heraus erfolgt der Grüne Vorschlag, als Alternative zu BS|Energy eine neue kommunale Gesellschaft zu gründen. Wir wollen damit den Einfluss auf das Strom- und Gasnetz in den wirklichen Einflussbereich der Stadt Braunschweig zurückholen. Zugleich wird für die kommunale Energieversorgung ein Unternehmen aufgebaut, das energiepolitisch in die Zukunft denkt und nicht am überholten Status Quo festhält.
Weitere Informationen
Stadt Braunschweig Pressemitteilung (19. Oktober 2017) – BS|Energy soll gestärkt werden
Energie Agentur NRW – 100 Klimaschutzsiedlungen NRW
Bürger Energie Berlin – Genossenschaft zum Erwerb der Stromnetzkonzessionen
Grüne Ratsfraktion Braunschweig (27. Oktober 2017) – Zukunft der Energieversorgung: Grüne wollen mehr!
Braunschweiger Zeitung (2. November 2011) – SPD ist für dritten Gesellschafter bei BS Energy